Es geht doch

Der ZDF-Dreiteiler “Unsere Mütter, unsere Väter” hat allen Unkenrufen zum Trotz gezeigt, dass es auch in Deutschland möglich ist, richtig gutes Fernsehen zu machen: eine überzeugende, gesellschaftlich relevante Geschichte, tolle Schauspieler und ein beeindruckender production value, der sich vor der internationalen Konkurrenz nicht zu verstecken braucht.

Darüber hinaus wurde die Mini-Serie nicht nur von der Kritik einhellig gelobt, sondern hat auch noch sehr gute Zuschauerzahlen erzielt. Was will man mehr? Wenn öffentlich-rechtliches Fernsehen immer so wäre, wer würde sich dann noch trauen, die so oft gescholtene “Zwangsgebühr” in Frage zu stellen?

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Der Dreiteiler zeigt aber auch, dass gutes Fernsehen nicht zum Schleuderpreis zu haben ist. Mit einem Budget von über 14 Mio. Euro lagen die Produktionskosten weit über dem, was üblicherweise für einen Fernsehfilm ausgegeben wird. Und das sieht man. Qualität hat eben ihren Preis. So führt der Erfolg von “Unsere Mütter, unsere Väter” auch vor Augen, wie kaputtgespart der durchschnittliche deutsche Fernsehfilm inzwischen ist.

Es bleibt schwer nachzuvollziehen, warum die öffentlich-rechtlichen Sender ausgerechnet beim fiktionalen Programm, durch das sie sich so hervorragend profilieren und unersetzbar machen könnten, so gnadenlos den Rotstift ansetzen, während gleichzeitig die Etats für Sportereignisse und Fußballrechte in schwindelerregende Höhen steigen.

Zwar bringen Sportgroßereignisse zuverlässig gute Zuschauerzahlen – dank Fußball und Olympia hat es das ZDF letztes Jahr immerhin zum Marktführer gebracht. Wie die anhaltende Kritik an der Haushaltsabgabe aber deutlich zeigt, erweist sich die Vorstellung, durch hohe Zuschauermarktanteile eine Legitimation für die Haushaltsabgabe zu erreichen, als Trugschluss, solange sich das öffentlich-rechtliche Programm nicht deutlich von dem der Privatsender unterscheidet.

Schließlich würde niemand irgendetwas vermissen, wenn die Champions League statt im ZDF bei Sat.1 liefe. Aber Deutschland würde viel gewinnen, wenn die Öffentlich-Rechtlichen mehr mutige und teure Fernsehproduktionen wie “Unsere Mütter, unsere Väter” produzieren würden. Eine bessere Bestandsgarantie kann es für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht geben.

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ScriptShadow über »Flight Club«

David Finchers “Fight Club” war sicherlich einer der gewagtesten und erzählerisch interessantesten Filme der späten 90er Jahre. Scriptshadow Carson Reeves hat sich auf seinem Blog Gedanken zur unkonventionelle Erzählweise dieses Kultfilms gemacht.

Wie funktioniert so ein Film jenseits der klassischen Dramaturgie, ohne klassische Drei-Akt-Struktur, ohne aktive Hauptfigur, ohne klares Handlungsziel?

Reeves betont die Wichtigkeit eines erzählerischen Themas für derartige Filme, ohne die eine solche Geschichte einfach auseinander fallen würde – ein Zusammenhang, den Dagmar Benke bereits vor zehn Jahren sehr schön anhand der Dramaturgie von episodischen Geschichten beschrieben hat, und zwar in ihrem wunderbaren Buch “Freistil”, das ich jedem ans Herz lege, der sich für unkonventionelle Erzählweisen interessiert.

15 Jahre »The Big Lebowski«

Der 15. Jahrestag der Premiere von “The Big Lebowski” muss natürlich gefeiert werden. Wie es sich für einen echten Kultfilm gehört, ist “Lebowski” erst einmal ordentlich gefloppt, als er in die Kinos kam. Trotzdem hat sich ziemlich schnell eine beachtliche Fangemeinde um den Film geschart.

Ashley Fetters wirft in einem Artikel im Atlantic einen Blick auf diese Fangemeinde und ihre bizarren Auswüchse.

Auf Vulture formuliert Josh Gondelman 15 Thesen zum 15. Jahrestag von “The Big Lebowski”, garniert mit vielen Filmbeispielen. Für Fans ein absolutes Must-Read.

Die Malaise der RomComs

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Über die Krise der romantischen Komödie habe ich letzten Monat schon hier geschrieben. Christopher Orr legt jetzt im Atlantic mit seinem Artikel “Why Are Romantic Comedies So Bad” nach.

Auch Orr kommt zu dem Schluss, dass sich das Genre in den letzten Jahren durch penetrante Wiederholung einer zu eng gefassten Formel überlebt hat, ist sich aber sicher, dass sich die romantische Komödie früher oder später wieder neu erfinden wird.

Schön ist der kleine Film, den Orr dazu erstellt hat: eine kurze Geschichte der Romantischen Komödie von der Screwball-Komödie der 40er Jahre bis heute: [spacer size=”10″]

Die erste Ideenskizze von »Looper«

Drehbücher erfolgreicher Kinofilme findet man im Internet zuhauf (auch wenn sich viele davon als Transskripte des fertigen Films entpuppen und nicht als ursprüngliche Drehfassung). Sehr selten bekommt man aber eine frühe Drehbuchfassung oder gar ein Exposé oder Treatment für einen Hollywood-Film zu Gesicht.

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Insofern ist es bemerkenswert, dass Autor und Regisseur Rian Johnson auf seiner Homepage die allererste Ideenskizze  zu seinem Zeitreise-Action-Thriller “Looper” veröffentlicht hat, in dem Bruce Willis von seinem jüngeren Ich ermordet werden soll. Auf gerade mal drei einhalb Seiten umreißt Johnson den Plot des Films, inklusive Rückblenden. Lesenswert!

Das Problem mit dem Orakel

Kyle Buchanan beschreibt in der wunderbaren Artikel-Reihe “The Toughest Scene I Wrote” auf Vulture eine Szene aus seinem Drehbuch zu “Flight”. Darin gibt es eine Figur, die nur in einer einzigen Szene auftaucht und dort als Orakel für die handelnden Figuren fungiert.

Als Autor fällt es einem in der Regel nicht leicht, die Existenz einer nur einmal auftauchenden Figur im Drehbuch zu rechtfertigen – noch dazu in einer Szene, die die Handlung nicht maßgeblich weitertreibt. Wie schafft man es, eine derartige Szene so zu gestalten, dass sie nicht offensichtlich funktional wirkt und gleich bei der ersten Drehbuchbesprechung rausfliegt?  Buchanan löst das Problem durch überzeugende Charakterisierung und geschickte Dialogführung.

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Was ist nur mit den RomComs los?

Die romantische Komödie schreitet momentan durch ein tiefes Tal der Tränen. Das einst so erfolgreiche Genre hat in letzter Zeit nicht nur mit einem Image-, sondern auch mit einem Zuschauerproblem zu kämpfen.

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Woran liegt’s? Arbeiten die Filme zu vorhersehbar das altbekannte Schema ab, fehlt es an zugkräftigen Stars oder hat das Ideal der romantischen Liebe in der Gesellschaft seinen einstigen Stellenwert verloren und sich das Genre damit schlicht und einfach überlebt? Claude Brodesser-Akner beschäftigt sich mit diesen Fragen in einem Artikel auf Vulture.

Brad Johnson betrachtet das Thema in einem Beitrag im Script Magazine am Beispiel von “Love, actually” und kommt zu dem Schluss, dass die meisten RomComs der letzten Jahre einfach zu formelhaft sind und es ihnen an Glaubwürdigkeit und echter Emotion mangelt.

In die selbe Kerbe schlägt Billy Mernit auf seinem Blog Living the Romantic Comedy. Die von Brodesser-Akner genannten Beispiele sind für ihn nichts weiter als “Zombie RomComs”:

“What Brodesor-Akner is calling romantic comedy conflates a certain kind of conservative, formulaic chick flick with a love story that’s comedic.”

In seinem Artikel plädiert Mernit für eine weiter gefasste Genre-Definition, die sich mehr an den Screwball-Komödien der 50er Jahre orientiert und erwähnt als BeispielSilver Linings Playbook als beste RomCom des Jahres. Der Film, der zunächst wie ein schräg angehauchtes Sozialdrama daherkommt, entpuppt sich in der Tat erst in der zweiten Hälfte als wunderschöne, romantische Liebesgeschichte – vielleicht der Grund, warum Brodesser-Akner den Film in seinem Artikel nicht einmal erwähnt.

Die “klassische RomCom” der letzten 20 Jahre hat sich durch penetrante Wiederholung extrem eng definierter Genre-Konventionen ganz offensichtlich totgelaufen. Es gilt, den Blick zu weiten und sich auf das zu besinnen, was das Genre ursprünglich attraktiv gemacht hat: die Idee der aufrichtig empfundenen, romantischen Liebe.

Die RomCom ist tot. Lange lebe die Romantische Komödie!