Berufs- und Rollenbilder im Fernsehen

Einige der interessantesten Informationen, die die teilnehmenden Drehbuchautoren beim MINTiFF-Science-Event Ende Februar in Martinsried erfahren konnten, hatten nichts mit dem eigentlichen Thema Neurobiologie und “Neue Einblicke ins Gehirn” zu tun. Vielmehr war es ein Vortrag von Dr. Marion Esch, der nachhaltig Eindruck machte.

Die Initiative MINTiFF hat es sich zum Ziel gesetzt, die Darstellung von Naturwissenschaftlern und Ingenieuren in Film- und Fernsehproduktionen zu fördern. Das ist dringend nötig, denn obwohl Deutschland in der Welt für seine Wissenschaftstradition und seine Ingenieurskunst gefeiert wird, kommen die entsprechenden Berufsbilder in deutschen Fernsehproduktionen so gut wie nicht vor. Stattdessen gibt es, vor allem bei männlichen Rollen, ein extremes Übergewicht an Berufen, die mit Recht, Ordnung und Sicherheit zu tun haben, was natürlich auf all die Tatorte, Polizei- und Krimiserien zurückzuführen ist.

Berufsfelder

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet auf Privatsendern laufende amerikanische Serien wie “Dr. House”, “The Big Bang Theory” oder auch die verschiedenen “CSI”-Formate wesentlich mehr zur Förderung wissenschaftlicher und technischer Berufsbilder beitragen, als die der öffentlich-rechtlichen Sender, zu deren Auftrag so etwas eigentlich gehören sollte.

Während bei amerikanischen Serien ganz selbstverständlich Wissenschaftler und Mediziner von Anfang an in den Prozess der Drehbuchentwicklung mit einbezogen werden, heißt es bei uns immer: jetzt schreibt erst mal eine schöne Geschichte, die Recherche machen wir dann für die Drehfassung. Die Qualität einer Folge von “Dr. House” ist denn auch kaum mit der einer beliebigen deutschen Arztserie zu vergleichen.

Auch bei der Darstellung geschlechtsuntypischer Berufsbilder in deutschen Film- und Fernsehproduktionen sieht es erwartungsgemäß nicht gerade gut aus. Wer sich mehr dafür interessiert, sollte sich unbedingt die Studie “MINT und Chancengleichheit im fiktionalen Fernsehformaten” herunterladen.

Gebetsmühlenartig fordern die Verantwortlichen in den Sendern gegenüber Autoren und Produzenten, die deutsche Wirklichkeit abzubilden und auf das “Typische” zu setzen, denn der Zuschauer müsse ja “in seiner Lebenswirklichkeit abgeholt werden”. Das Resultat ist eine beinahe genormte, homogene Fernsehwirklichkeit, die traditionelle Rollen- und Berufsbilder eher zementiert als hinterfragt und damit der gesellschaftlichen Realität in weiten Teilen hinterherhinkt.

Dementsprechend vernichtend ist das Urteil, das Drehbuchautoren den Sendern hinsichtlich Innovations- und Risikobereitschaft ausstellen: ganze 98 Prozent der Autoren halten sie für niedrig bis sehr niedrig. Man kann es nicht oft genug sagen: wir brauchen mehr Mut zum Außergewöhnlichen im deutschen Fernsehen.

Arbeitssituation