The Next Big Thing

Es gilt als ausgemacht, dass das traditionelle lineare Fernsehen das nächste Opfer des digitalen Medienumbruchs sein wird. Bislang hält es sich allerdings noch recht wacker.

Dafür, dass das so bleibt, tun die dominierenden Player im Fernsehmarkt aber auch einiges, wie Matt Buchanan in seinem Elements-Blog beim New Yorker beschreibt. Das sind vor allem die Fernsehsender und – in den USA – die Kabelnetzbetreiber.

Zwar stehen Apple, Google, Microsoft und andere längst in den Startlöchern, um den großen Bildschirm im Wohnzimmer zu erobern, aber dafür brauchen sie Inhalte. Die großen Medienkonglomerate, die diese Inhalte haben, haben jedoch wenig Interesse daran, ihr etabliertes Geschäftsmodell des traditionellen linearen Fernsehens zu untergraben. Wären alle Inhalte jederzeit online verfügbar, bräuchte es keine Fernsehsender mehr und die Kabelnetzbetreiber würden vom Inhalteanbieter zum technischen Dienstleister degradiert. Wie schwer man sich als solcher tut, Geld zu verdienen, kann man sehr schön am Beispiel der Mobilfunkbetreiber beobachten.

Das ist auch der Grund, warum HBO seine begehrten Serien weiterhin exklusiv über sein Kabelabonnement vertreibt – “Girls”, “The Newsroom” und “Game of Thrones” sind weder auf Hulu noch auf Netflix oder einem anderen Streaminganbieter zu bekommen. Wer HBO nicht abonniert hat, muss warten, bis die Serien auf DVD erscheinen.

Auch wenn das lineare Fernsehen in einer Welt ständig verfügbarer Online-Medien längst zum Anachronismus geworden ist – ohne ein Geschäftsmodell, dass die Inhalteanbieter und Kabelnetzbetreiber einschließt, wird sich daran nichts ändern.

Genau daran wird derzeit hinter den Kulissen kräftig gewerkelt: Während Google und Intel versuchen, direkt über die Produzenten an Inhalte zu kommen, unternehmen Apple und Microsoft alles, um mit den Kabelnetzbetreibern ins Geschäft zu kommen.

In Deutschland ist die Situation trotz anderer Ausgangslage ähnlich verfahren: bei Lizenzware wie amerikanischen Filmen und Serien stehen auch bei uns die Interessen der Fernsehsender denen der Streaminganbieter entgegen. Die größte Produzenten eigener Programme dagegen – die Öffentlich-Rechtlichen – werden durch unsinnige gesetzliche Regelungen daran gehindert, ihr vom Gebührenzahler bereits bezahltes Programm diesen auch unbegrenzt zur Verfügung zu stellen.

Solange sich Inhalteanbieter und Fernsehsender weiter selbst im Weg stehen, wird es nur einen Gewinner geben: die illegalen Streamingportale. Das nützt letztlich niemandem. Der Druck, ein neues Geschäftsmodell zu finden, ist also da. Die Schlacht um unser Wohnzimmer hat längst begonnen.

Die Formel der Formeln

Man nehme eine Portion McKee, gebe ein wenig Syd Field hinzu und garniere das ganze mit ein paar Begriffen aus Christopher Voglers Heldenreise – fertig ist die Superformel fürs Drehbuchschreiben!

SAVE THE CAT! heißt die Drehbuchanleitung von Blake Snyder, in der er mittels eines Beat-Sheets seitengenau auflistet, was wann zu passieren hat. Wer da an Malen nach Zahlen denkt, liegt nicht ganz falsch. Wen’s interessiert: hier kann man sich das Beat-Sheet ansehen.

Auch wenn Snyder möglicherweise ursprünglich eine nicht ganz so simplistische Vorstellung vom Drehbuchschreiben hatte – sein Beat-Sheet hat Hollywood in den letzten Jahren im Sturm erobert, wie Peter Suderman auf Slate.com beschreibt. Die Folge: fast jeder große Studio-Film wird inzwischen nach ein und derselben Formel gestrickt.

Wen also im Kino immer häufiger das Gefühl beschleicht, das alles irgendwie schon einmal gesehen zu haben, der hat vermutlich einfach nur Recht: man hat das alles schon dutzendmal gesehen – nur mit anderen Schauspielern, anderen Szenenbildern und anderen Special Effects.

»Alternative Scriptwriting«: neue Auflage

Drehbuchschreiben jenseits von Plot Points und Drei-Akt-Struktur – geht das überhaupt, fragen sich nicht nur angehende sondern auch etablierte Drehbuchautoren immer wieder.

Alternative Scriptwriting

Natürlich geht es. Wie, beschreibt Ken Dancyger in seinem Klassiker “Alternative Scriptwriting”, das es nun in einer neuen, überarbeiteten Auflage gibt. Auf Raindance.org hat Harry Jackman eine kleine Besprechung der neuen Fassung veröffentlicht.

Ein weiteres, lesenswertes Buch über unkonventionelle Erzählansätze ist übrigens “Freistil – Dramaturgie für Fortgeschrittene und Experimentierfreudige” der leider viel zu früh verstorbenen deutschen Dramaturgin Dagmar Benke.

 

Im goldenen Zeitalter der Antihelden

Für den Atlantic hat Hope Reese ein äußerst lesenswertes Interview mit dem Autor Brett Martin geführt. In seinem bereits erwähnten Buch “Difficult Men” beschreibt Martin, wie die Einführung von komplexen Antihelden als Hauptfiguren in Serien wie “The Sopranos”, “The Wire”, “Mad Men” oder “Breaking Bad” das “Dritte Goldene Zeitalter des Fernsehens”, wie er es nennt, eingeläutet hat.

antiheroes

Für Martin sind diese Serien die prägende Kunstform des neuen Jahrtausends – eine Art kulturelles Leitmedium, vergleichbar mit den Kinofilmen von Scorsese, Altman und Coppola in den 70er Jahren und den Romanen der Beat-Generation der 60er Jahre.

Als Grund für die Attraktivität von ambivalenten männlichen Antihelden sieht Martin die männliche Identitätskrise der späten 90er und frühen Nullerjahre – ein Trend, der sich seiner Meinung nach mit Serien wie “Girls” oder “The Newsroom” möglicherweise bereits wieder überlebt hat.

Einige Wochen zuvor hat sich Akash Nikolas übrigens bereits auf die Suche nach weiblichen Antiheldinnen begeben, ebenfalls im Atlantic.

Update: Dorothy Snarker hat zu diesem Thema auf IndieWire nachgelegt: “In Praise of the Difficult Women”.

Wo Logik überbewertet ist

Es gibt Filmgenres, die ein so starres Regelkorsett haben, dass Ablauf und Auflösung der Geschichte leicht vorhersehbar werden. Dazu gehört neben der Romantic Comedy, dem Thriller und dem Horrorfilm sicherlich auch der Heist-Movie.

Um diese Vorhersehbarkeit zu konterkarieren setzen Filmemacher manchmal ein Stilmittel ein, das Filmen wie “The Usual Suspects” und “The Sixth Sense” zu ungeahnten Erfolgen verholfen hat: der überraschende Twist am Ende der Geschichte, der mit einem Mal alles zuvor Gesehene in neuem Licht erscheinen lässt.

Dass man damit auch zu weit gehen kann, beschreibt Alexander Gajic sehr schön auf seinem Blog Real Virtuality in einem äußerst unterhaltsamen Beitrag über “Die Unfassbaren”: durch immer neue Twists wird die Logik der Geschichte hier derart überstrapaziert, dass das Ergebnis am Ende nur noch hanebüchen erscheint.

Spätestens, wenn der Zuschauer sich an der Nase herumgeführt fühlt, hat der Erzähler den Bogen überspannt. Der Zuschauer “glaubt” die Geschichte nicht mehr, seine “suspension of disbelief” bricht zusammen, er fühlt sich nicht mehr gut unterhalten sondern nur noch veräppelt.

Interessanterweise strotzen viele Blockbuster aber ebenfalls nicht gerade vor inhaltlicher Stringenz, was ihrer Popularität in der Regel aber keinen Abbruch tut. Auch Gajic schreibt, dass ihm die haarstreubenden Unstimmigkeiten von Jokers Plan in “The Dark Knight” nur ein Schulterzucken wert waren und dass Javier Bardems Figur in “Skyfall” geradezu hellseherische Fähigkeiten besessen haben muss, damit seine unwahrscheinliche Flucht aus dem Gefängnis so wunderbar klappt, hat seinen Filmgenuß ebenfalls nicht wirklich geschmälert.

Warum aber stören sich viele Zuschauer an der mangelnden Plausibilität von Filmen wie “Die Unfassbaren”, während Logikfehler in Filmen wie “The Dark Knight”, “Skyfall” oder “Herr der Ringe” klaglos hingenommen werden?

Dass Plausibilitätsdefizite bei Geschichten, die ihre Spannung letztlich aus der Logik der Handlung schöpfen, fatal sein müssen, liegt auf der Hand – und um solche Filme handelt sich in der Regel bei Heist-Movies.

Steven Spielberg erfand dagegen die Idee von einem Film, die wie ein “theme park ride “ funktioniert, wie eine Vergnügungsparkattraktion also, bei dem das Publikum durch eine dichte Folge action-lastiger Set-Pieces unterhalten wird.

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Diese Idee, mit der Spielberg gewissermaßen den Grundstein zum modernen Blockbuster gelegt hat, rückt die Handlung des Films in den Hintergrund. Sie ist nur noch das Gerüst auf dem ein immer spektakuläreres Special-Effects-Feuerwerk abgefackelt wird. Die Logik der Geschichte wird da völlig zweitrangig – wenn sie überhaupt eine hat: Oder hat irgendjemand verstanden, um was es im dritten Teil von “Fluch der Karibik” ging? Konnte irgendjemand beim ersten Sehen den verschlungenen Plot-Pfaden von “Inception” folgen? Und was ist eigentlich aus der unglaublich wichtigen Liste britischer Geheimagenten geworden ist, der James Bond in “Skyfall” hinterherjagt?

Logik spielt in diesen Filmen kaum eine Rolle – so lange man durch ihre atemberaubenden Action-Sequenzen gut unterhalten wird. Nach einer Achterbahnfahrt fragt ja auch keiner, was diese ganzen Loopings gerade zu bedeuten hatten. Ein Feuerwerk kann äußerst unterhaltsam sein auch ohne dass es einen Sinn ergibt.

Für den Special-Effects-lastigen Blockbuster ist es überraschend wenig wichtig, dass der Zuschauer der Geschichte überhaupt folgen kann. Er muss nur in groben Zügen verstehen, was da insgesamt vor sich geht – Details sind letztlich einfach nur lästig.

Pacific-Rim-PosterAllerdings sind auch beim großen Blockbuster in letzter Zeit deutliche Ermüdungserscheinungen zu beobachten: Kampfszenen müssen inzwischen mindestens zwischen riesigen Robotern und Superhelden oder riesigen Robotern und riesigen Monstern stattfinden, um noch irgendeinen Teenager hinter dem Ofen herzulocken und die Welt ist auf der Leinwand inzwischen auch schon so oft so schön untergegangen, dass dafür alleine auch keiner mehr ins Kino geht. Irgendwann lässt sich, so scheint es, der visuelle Nervenkitzel nicht mehr steigern.

Aus diesem Grund greifen auch die Macher von Blockbustern inzwischen vermehrt in die Trickkiste der Genre-Filmer: mit Plot-Twists setzen sie nach dem ersten Showdown einen Höhepunkt nach den anderen und werden dabei immer länger und länger. Das Ergebnis sind die aufgedunsenen Blockbuster, die Film Crit Hulk beklagt.

Überleben wird sich der Blockbuster deswegen nicht – genauso wenig wie Jahrmärkte, Feuerwerke und Themenparks irgendwann einmal aussterben werden. Eine Renaissance des Erzählens weg von starren Formeln hin zu innovativeren Erzählformen, so wie sie derzeit bei der Fernsehserie stattfindet, scheint aber auch im Mainstream-Kino immer notwendiger zu werden.

Gegenwart und Zukunft des Fernsehens

Nach der “Kurzen Geschichte des Fernsehens” hat Ars Technica zwei weitere Artikel nachgelegt: im ersten betrachtet Casey Johnston den gegenwärtigen Entwicklungsstand in Sachen Fernsehtechnik, im zweiten wagt sie einen Ausblick auf das, was uns in der Zukunft erwartet: “How the Internet dustup will settle”.

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Die spannende Frage ist dabei vor allem, wie sich das Verhältnis von Free-TV-Sendern, Kabelnetzbetreibern und Streaming-Diensten weiter entwickeln wird.

Johnston prophezeit, dass die Anbieter von Kabelfernsehpaketen ihre exorbitanten Preissteigerungen der letzten Jahre bald zurücknehmen werden müssen, da sie mehr und mehr durch kostenlose oder wesentlich günstigere Angebote unter Druck geraten werden – es sei denn, die Kabelnetzbetreiber steigen ihrerseits ins Streaming-Geschäft ein, um ihr Angebot zu ergänzen. Denkbar wäre allerdings auch, dass die äußerst finanzstarken Kabelbetreiber die neue Streaming-Konkurrenz über kurz oder lang einfach aufkaufen.

Wie auch immer es ausgeht: der Fernseh- und Videomarkt ist derzeit so umkämpft wie nie, was letztlich auch zu einer Renaissance der Inhalte geführt hat. Es bleibt also spannend.

Wo ist die Lobby für die Serie?

Zum Amtsantritt des neuen WDR-Intendanten Tom Buhrow stellt Norbert Schneider in der FAZ die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen der üblicherweise mit Journalisten besetzten Führung öffentlich-rechtlicher Sender und der schwachen Stellung der Fiktion, vor allem der Serie, bei ARD und ZDF gibt.

Dabei weist er auf einen wunden Punkt hin, der in der Diskussion in der Tat oft vernachlässigt wird:

“Wenn man sich Serien wie „Mad Men“ in Deutschland produziert nicht vorstellen kann, dann gibt es sie zunächst deshalb nicht, weil es die Bücher nicht gibt. Die aber gibt es vor allem deshalb nicht, weil die Drehbuchautoren (und die Produzenten) sich den zeitlichen Vorlauf, der nötig wäre, nicht leisten können. Und warum? Das können sie deshalb nicht, weil das System, das sich diese Serien finanziell locker leisten könnte – schließlich ist es das reichste der Welt -, weil das System sie sich nicht leistet. Nicht einmal: sich nicht leisten will. Sondern viel einfacher: sich nicht leistet. Weil es keinen gibt, der sich der Sache derart annimmt, dass sie etwas werden könnte.”

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Herstellung fiktionaler Programme eigenen Gesetzen folgt, die sich vom sonstigen Fernsehgeschäft stark unterscheiden – vor allem hinsichtlich der Zeit, die es braucht, um sie zu realisieren. Während  ein Journalist gewohnt ist, in Zeiträumen von Tagen, Wochen oder bestenfalls Monaten zu denken, ist allein die Entwicklung guter Drehbücher oft eine Sache von Jahren – eine Zeit, die den Machern im schnelllebigen Fernsehgeschäft viel zu selten zugestanden wird. Das Ergebnis sind unterentwickelte Drehbücher, halbgare Geschichten und wenig aufregende Filme und Serien.

Schneider kommt zu dem Schluss, dass das fiktionale Programm im deutschen Fernsehen keine starke Lobby hat und fordert ein Umdenken. Wenn wir nicht immer neidisch nach Amerika oder – paradoxerweise – Schweden oder Dänemark schielen wollen, muss das Fiktionale und speziell die stiefmütterlich behandelte Serie zur Chefsache werden. Wahre Worte.

Tony Soprano

Montags-Drehbücher

Auf dem Blog Read Watch Write veröffentlicht Brad Johnson seit kurzem jeden Montag ausgewählte Drehbücher zum kostenlosen Download.

bladerunner

Diese Woche hat er “Blade Runner” online gestellt. In den letzten Wochen waren bereits unter anderem die Drehbücher zu “A Clockwork Organge”, “Witness”, “There will be Blood” und “(500) Days of Summer” an der Reihe. Wer gerne Drehbücher liest, sollte sich die Seite merken.

 

Spielberg, Lucas und das Ende des Kinos

Die apokalyptischen Äußerungen von George Lucas und besonders Steven Spielberg über den bevorstehenden Untergang Hollywoods haben in der Blogosphäre ziemlich große Wellen geschlagen. Natürlich ist es eine große Ironie, dass ausgerechnet die beiden Filmemacher, die als die Erfinder des Blockbusters gelten, darüber klagen, dass Hollywood an den immer aufwändigeren, teureren und gleichzeitig immer einförmigeren Mega-Filmen zu ersticken droht.“There’s going to be an implosion where three or four or maybe even a half-dozen mega-budget movies are going to go crashing into the ground, and that’s going to change the paradigm”, orakelte Steven Spielberg im Hollywood Reporter.

Ironman

David Edelstein hat für das New York Magazine ein lesenswertes Interview mit der Produzentin Lynda Obst geführt, das ein Licht auf die Hintergründe der neuen Hollywood Angst scheint. Als Grund für die Entwicklung sieht sie vor allem den Zusammenbruch des DVD-Marktes und die neue Dominanz des internationalen Geschäfts, das inzwischen 80 Prozent des Umsatzes der Hollywood-Studios ausmacht. Wer noch mehr von Lynda Obst lesen will, dem sei ihr Essay auf Salon.com ans Herz gelegt.

Richard Brody denkt im New Yorker schon einen Schritt weiter und fragt sich, ob auch die amerikanische Filmindustrie demnächst eine Förderung braucht, damit jenseits von Superhelden und Weltuntergangsphantasien auch noch inhaltlich anspruchsvollere Filme entstehen können. Dabei wagt er einen Blick auf den Weltmarktführer in Sachen Filmförderung: Frankreich. Was er da sieht, empfindet er allerdings alles andere als ermutigend.

Scott Myers hat sich auf “Go into the Story” ebenfalls Gedanken zu dem Thema gemacht und sieht sich an, wie Blockbuster noch vor zehn Jahren aussahen. Der wesentliche Unterschied zu heute: keine Superhelden und kaum Sequels.

Myers legt den Finger in die Wunde, wenn er sich fragt, warum ausgerechnet die so extrem risikoscheuen Anzugträger in den Studios inzwischen ausschließlich auf immer teurere Filme setzen. Irgendwie erinnert mich das an die Zeit vor der Finanzkrise, als es Immobilien waren, für die kein Preis zu hoch zu sein schien…

Neues Geld für alte Sender

Obwohl die Werbeerlöse der großen Free-TV-Sender in den USA – den sogenannten “Networks” ABC, CBS, NBC und Fox – seit Jahren stetig sinken, sind sie finanziell so gut aufgestellt wie nie zuvor. Wie Josef Adalian in einem aufschlussreichen Artikel auf Vulture.com aufzeigt, haben sich die Networks in den letzten Jahren eine Vielzahl neuer Finanzierungswege erschlossen.

Vor allem Streaming-Dienste wie Netflix aber auch Amazon tragen substantiell zum Budget neuer Serien bei, aber auch Auslandsvorverkäufe spielen eine immer größere Rolle. So kann CBS etwa für seine Stephen-King-Adaption “Under the Dome” schon im Vorfeld das gesamte Produktionsbudget der Serie refinanzieren.

Für weniger prominente Produktionen dürfte das allerdings nicht im gleichen Maß gelten. Und wie lange der Geldregen der Streaming-Anbieter andauert, ist ebenfalls fraglich. Trotzdem: der oft beschworene Untergang des klassischen linearen Fernsehens fällt wohl erst einmal aus.

Die Schweiz in Dänemark

Und noch ein Artikel über das dänische Serienwunder: diesmal hat Peer Teuwsen für Zeit Online eine Delegation des Schweizer Fernsehens nach Dänemark begleitet, die dort erfahren möchte, wie die Dänen das hinkriegen mit den tollen Serien.

Ob man die dänischen Serien nun gleich “die besten der Welt” nennen muss, sei dahingestellt. Aber zweifellos haben sie eine Qualität, von der wir nur träumen können. Interessant finde ich in diesem Zusammenhang die drei “Dogmen”, die die Kollegen vom dänischen Fernsehen aufgestellt haben:

  1. “Der Autor ist die Voraussetzung für unsere Existenz.”
  2. “Wir möchten Geschichten erzählen, die uns etwas über uns selbst erzählen. So verstehen wir unseren öffentlich-rechtlichen Auftrag, dafür bezahlen uns die Bürger.”
  3. “Es darf keine Konsensentscheidungen geben.”

Das kann man alles nur unterschreiben.

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Interessant in dem Artikel ist auch der kleine Einblick in das Fernsehland Schweiz. Von der Einwohnerzahl her in etwa mit Dänemark vergleichbar, hat die Schweiz aufgrund ihrer Mehrsprachigkeit allerdings nicht einen einheitlichen Fernsehmarkt sondern drei. Wahrlich keine beneidenswerte Situation.

Was einen einmal mehr dazu verleitet, nachzudenken, was in einem vergleichsweise großen Markt wie Deutschland möglich sein könnte.

Die deutsche Serie: verzweifelt gesucht

Über die merkwürdige Argumentation, dass es in Deutschland aufgrund fehlender “Serientradition” keine guten Serien gebe, habe ich mich auch schon gewundert. Jens Mayer äußert sich zum selben Thema in einem schönen Kommentar auf Torrent. So mokiert er sich zu Recht darüber, dass Fernsehsender nun schon Mini-Produktionen wie den “Tatortreiniger” oder “Lerchenberg” als Serien ausgeben.

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Vor allem aber kritisiert  Mayer , dass den deutschen Senderchefs offenbar das Bewusstsein dafür fehlt, wie wichtig eine erfolgreiche, langlaufende Serie für einen Fernsehsender sein kann:

Bei all der aktuellen Euphorie über die (zumindest hierzulande) meist positiven Reaktionen auf Mehrteiler wie Unsere Mütter, unsere Väter vergessen die Programmmacher anscheinend gerne die Identitätsstiftung, die eine über Jahre laufende Serie für einen Sender bieten kann. Wir wissen auch heute noch, auf welchem Kanal Monaco Franze oder Kir Royal liefen, Der Fahnder oder Auf Achse, Die Schwarzwaldklinik oder Ich heirate eine Familie. Es wird vergessen, wie sehr fortlaufend erzählte Stories und langlebige Figuren die Zuschauer an die Sendermarke binden, wie positiv sie damit besetzt wird.

Sollte deutschen Fernsehmachern tatsächlich entgangen sein, dass die Serie nicht zuletzt aus den von Mayer genannten Gründen das ureigenste Format und die Königsdisziplin des Fernsehens ist? Oder liegt es doch nur wieder an dem, was zu beklagen inzwischen wirklich nur noch ein Klischee ist: dem fehlendem Mut der Verantwortlichen?

Eine kurze Geschichte des Fernsehens

Nach der kurzen Geschichte des Drehbuchs folgt hier eine kurze Geschichte des Fernsehens: Ars Technica beschreibt kurz und bündig die – technische – Entwicklung des Fernsehens von seinen Anfängen in den 30er Jahren über das Aufkommen des Videorecorders bis zu HD und Streaming.

Ein Folgeartikel wird sich mit der zukünftigen Entwicklung beschäftigen. Stay tuned – gleiche Welle, gleiche Stelle!

The Trajectory of Television—starting with a big history of the small screen | Ars Technica

Sci-Fi und Fantasy: ein westliches Kulturphänomen?

Ist Science Fiction und Fantasy ein rein westliches Phänomen? Christine Folch vergleicht in einem Essay im Atlantic die vorherrschenden Film-Genres Hollywoods mit denen Bollywoods und stellt die Frage: Warum sind vor allem die westlich geprägten Gesellschaften offenkundig so von Science Fiction und Fantasy fasziniert?

Folch zitiert den deutschen Soziologen Max Weber mit seiner Theorie, dass wir in einer “entzauberten Welt” leben, in der es für alles eine Erklärung gebe und die sei schlicht und einfach langweilig. Umso stärker sei dann die Sehnsucht nach Magie, Mystik und Unerklärbarem.

Da mag etwas dran sein. Allerdings muss man feststellen, dass auch das europäische Kino herzlich wenig an Fantasy und Science Fiction hervorbringt – was aber eher ein Problem der fehlenden Budgets ist als ein Mangel an Interesse des Publikums, wie die eindrucksvollen Besucherzahlen vor allem der amerikanischen Fantasy-Filme beweisen.

Obwohl Bollywood nach Anzahl produzierter Filme Hollywood als Filmhauptstadt der Welt weit in den Schatten stellt – bei den Budgets ist Tinseltown immer noch König. Es ist schwer vorstellbar, dass die indische Filmindustrie mit den Special-Effects-Schlachten aus Kalifornien mithalten könnte.

Allerdings ist es bemerkenswert, dass die großen Science Fiction und Fantasy Hits aus Amerika in Indien keine nennenswerten Zuschauerzahlen erzielen konnten. Vielleicht ist also wirklich etwas dran, an der westlichen Faszination an fiktiven magischen Welten. Auch wenn das europäische Kino für die die notwendigen Budgets nicht auftreiben kann – eine große Zahl äußerst erfolgreicher europäischer Fantasy-Roman-Autoren beweist, dass die Sehnsucht nach Verzauberung auch in Europa groß ist.

Kaputte Familien

Angelika Unterholzner weist auf ihrem Blog Flixe auf eine Hitliste der dysfunktionalsten Serienfamilien hin, die vor kurzem die Los Angeles Times veröffentlicht hat.

Eine wirklich schöne Sammlung all der schrecklich netten Familien, die wir in amerikanischen Serien so sehr mögen und im deutschen Fernsehen so schmerzlich vermissen. Angelika Unterholzner bringt es in ihrem Beitrag schön auf den Punkt:

“Diese Familien sind vom dem geprägt, was die meisten Serien der jüngeren Vergangenheit so sehenswert macht: von Tabubrüchen, Geheimnissen und Abgründen.”